Bertha und Maxl und das Sulzbacher ß

Maxl liest gerade ein sehr spannendes Buch. Damit auch Bertha die Geschichte mitbekommt, liest er ihr vor: „Heute sind alle Kinder draußen auf der Straße und spielen Fußball. Tore schießen macht den größten Spaß.“ Bertha hat aufmerksam zugehört und bemerkt, dass besonders viele Wörter in diesem Satz mit scharfem S geschrieben werden. Opa, der mitgehört hat, ergänzt: „Ihr meint wohl Wörter mit Sulzbacher S.“ Die Kinder schauen ihn fragend an.

„Die Gestaltungsform vom scharfen S wurde hier in Sulzbach entwickelt“, sagt Opa „ich erzähle euch wie es dazu kam. Aber dazu muss ich ein wenig ausholen. Wie ihr wisst, wurden Bücher früher mit schweren Druckerpressen gedruckt. Wie das ablief, habt ihr ja letztens in der Historischen Druckerei Seidel erlebt. Zur Frühzeit des Buchdrucks verwendete man die Frakturschrift. Die Buchstaben sind sehr kantig. Ihr habt diese Schrift bestimmt schon mal in einem sehr alten Buch gesehen. In dieser Schrift gab es bald schon ein scharfes S, das aus einer festen Verbindung von s und z bestand. Deshalb sagen manche zu dem scharfen S aus Eszett.“ Opa malt ihnen auf, wie diese Verbindung aussah. S und Z wurden ganz anders geschrieben, als wir es heute kennen. Die Verbindung sah also so aus: ſʒ  

Er erzählt weiter, dass die Frakturschrift schließlich von der sogenannten Antiqua abgelöst wurde. Diese Schrift war nicht mehr kantig, sondern viel runder. Doch in der Antiqua gab es keine scharf-S-Verbindung wie in der Frakturschrift daher druckte man stattdessen ss/ƒs oder sz/ƒz. Es gab aber keine einheitliche Regelung, welche Buchstabenkombination wann verwendet werden sollte. Wenn aber jeder schreibt oder druckt wie er will, sorgt das für Verwirrung. Also machten sich die Buchdrucker Gedanken welche Form in Zukunft für das scharfe S verwendet werden sollte. Eine mögliche Form war die „Sulzbacher Form“. Diese wurde 1667 in unserem Sulzbach entwickelt. Denn ein Mann namens Abraham Lichtenthaler war nach Sulzbach gekommen und richtete hier eine Buchdruckerei ein. Schon kurz danach entwickelte er eine schöne Form des „ß“ für Antiquaschriften.  1667 verwendete er diese erstmals, beim Druck eines Werkes des antiken Philosophen Boethius.

Während Opa erzählt, beginnt Maxl auf einem Blatt Papier herum zu malen. Opa fährt unbeirrt fort: „Nun trafen sich also die Buchdrucker in Leipzig und überlegen, welche Form des „ß“ in Zukunft für alle gelten soll. Ganze dreißig Varianten gab es zur Auswahl. Darunter war auch die Sulzbacher Form. Nach einigem Überlegen einigten sich die Buchdrucker auf ein Gestaltungsmuster, das zukünftig im Buchdruck für das scharfe S verwendet werden sollte. Es war die „Sulzbacher Form“. Dieser Beschluss ist niemals geändert worden, also lebt der Kleinbuchstabe ß in der „Sulzbacher Form“ heute noch! Ist das nicht toll, dass dieser bekannte Buchstabe hier in unserer Stadt entwickelt wurde?“ Maxl grinst breit, als er sein Papier umdreht und Opa zeigt, was er darauf geschrieben hat: „ßuper, daß ßulzbacher ß“

Klugscheißerwissen: Indirekt ist das Sulzbacher ß auch dem Pfalzgraf Christian August zu verdanken. Er holte Abraham Lichtenthaler von Nürnberg nach Sulzbach und erteilte ihm das Privileg zum Betrieb einer Buchdruckerei. Das durfte damals nicht einfach so jeder. Das ß gibt es übrigens nur im deutschsprachigen Raum. Alle anderen Sprachen kennen das ß nicht.

Entdeckeraufgabe: Bertha und Maxl machen sich einen Spaß mit dem Sulzbacher ß. Bringe Farbe ins Spiel und mal das Bild aus. Die Vorlage kannst du dir hier ausdrucken:

 

Entdeckerlösung zu Bertha und Maxl wandern auf der verbotenen Straße:

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